Zeige mir Deinen Geldbeutel und ich sage Dir, woher Du kommst?

Am Fahrkartenautomat versucht jemand, mit 5-Cent-Münzen zu bezahlen. Nachdem das Gerät zum zweiten Mal aufgibt, lasse ich mir das Kleingeld aushändigen und bezahle für uns beide. Mit einem hübschen (und lästigen) Stapel Kleingeld versorgt, komme ich auf dumme Gedanken und betrachte die Herkunft: 37 deutsche Münzen, vier holländische, drei französische, jeweils eine belgische, italienische und finnische und zwei(!) lettische.

Ist die Zahl der lettischen Münzen signifikant überdurchschnittlich? Es war nicht ganz einfach, Zahlen zu den ausgegebenen Münzen pro Nation zu geben, das brauchbarste Ergebnis, das ich finden konnte, nennt etwa 2,3 Mrd deutsche 5-Cent-Münzen und nur 50 mio lettische, die produziert wurden.1 Mit den dortigen Zahlen erhält man folgende Anteile:

Deutschland Frankreich Italien Lettland Niederlande
27,95% 13,73% 16,77% 0,61% 7,33%

Es ist vielleicht bekannt, dass sich die Münzen nicht so schön durchmischen, wie es erhofft wurde.2 Man kann auch darüber spekulieren, ob sich beispielsweise die Euro-Münzen besser durchmischt haben, als das Kleingeld. Zumal die 1- und 2-Cent-Münzen gar nicht in allen Ländern wirklich im Verkehr sind.

Mit diesen Zahlen (und unter der Annahme, die Münzen hätten sich perfekt durchmischt), läge die Wahrscheinlichkeit,3 in meiner Auswahl aus 49 Münzen mehr als eine lettische zu finden bei etwa:

    \[ P(X_l>1) = 1 - \sum_{k=0}^1 {49 \choose k} \cdot 0{,}0063^k \cdot 0{,}9937^{49-k} \approx 0{,}036 \]

Es wäre also unwahrscheinlich, aber keineswegs unmöglich, zwei lettische darin zu finden. Was allerdings gegen diese Interpretation spricht, ist die Häufigkeit der deutschen Münzen:

    \[ P(X_d\geq37) = \sum_{k=37}^{49} {49 \choose k} \cdot 0{,}2795^k \cdot 0{,}7205^{49-k} \approx 0{,}0000000000067 \]

Mit dieser Stichprobe ergibt sich bei einem Vertrauensniveau von 95% ($ \Rightarrow z\approx 1{,}96 $) der folgende Bereich, in dem die Häufigkeit der deutschen Münzen liegt:

    \[ \left[ p^\star - z\sqrt{ \frac{ p^\star (1-p^\star) }{ n } } ; p^\star + z\sqrt{ \frac{ p^\star (1-p^\star) }{ n } } \right] \approx \left[ 0{,}6184; 0{,}8616 \right]\]

Das Ergebnis legt die Vermutung nahe, dass der tatsächliche Anteil lettischer Münzen in deutschen Geldbeuteln weit unter den perfekt durchmischten 0,6% liegt. Und, ohne sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen, ließe sich mit einer gewissen Zuverlässigkeit behaupten, dass der Kleingeldsammler am Fahrkartenautomat selbst in Lettland war, oder gerade Kontakt mit jemandem von dort hatte.

Wer seinen Geldbeutel analysieren und mir die Daten zukommen lassen will: nur zu!